Am 10. Januar war der Schauspieler und Konzeptioner Steffen Steglich unser Referent. Mit seinem Thema “Von Virtualität und Realität” führte er in unserer Auftaktveranstaltung für unsere diesjährigen,  monatlichen TMSB-Abende in seine Untersuchungen der Begrifflichkeiten “Wirklichkeit, Realität und Virtualität” ein, wobei er seine Thesen mit Ausschnitten aus interessanten Dokumentationen anreicherte. Eine der Haupt-Aussagen des Vortrages war es, dass es immer häufiger zu Brücken zwischen den Bereichen Wirklichkeit, Realität und Virtualität kommt.

Kaum war der Vortrag beendet, entbrannte eine angeregte Diskussion, in deren Verlauf einige interessante Fragen aufgeworfen wurden. So drehte sich die Diskussion größtenteils um die Frage, ob es nicht statt der Abgrenzung von Virtualität, Realität und Wirklichkeit für Kreative im Bereich Transmedia eher um die Fiktion statt um die Virtualität geht.

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Die folgenden Kurzbeschreibungen entstammen der Ankündigung unseres TMSB-Abends.

Unser Referent, Steffen Steglich, wird für uns und alle, die an dem Abend nicht dabei sein konnten noch einmal eine Zusammenfassung der Begrifflichkeiten vornehmen, die wir dann hier auf unseren Seiten zusammen mit Links zur vertiefenden Lektüre zu diesem Thema einstellen werden.

Realität (lat. realitas, von res „Ding“). Als “real” wird zum einen etwas bezeichnet, das keine Illusion ist, und nicht von den Wünschen oder Überzeugungen eines Einzelnen abhängig ist. Zum anderen ist „real“ vor allem etwas, das in Wahrheit so ist, wie es erscheint. z.B. eine Überzeugung, Einschätzung, Beschreibung, ein Bild oder ein Film gilt als „realistisch“, wenn es die Eigenschaften der darzustellenden Wirklichkeit in vielerlei Hinsichten und ohne Verzerrungen wiedergibt.

Alles was wir mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen können.

Wirklichkeit beschreibt all das, was der komplett der Fall ist. Gegenbegriffe zur Wirklichkeit sind Schein, Traum oder Phantasie als eigener Wahrnehmungszustand. Wirklichkeit umfasst also Kontingentes und Notwendiges. Das deutsche Wort Wirklichkeit wurde von Meister Eckhart als Übersetzung von lateinisch actualitas eingeführt. Der gehörte der deutschen Mystik im Mittelalter an.

Der sprachliche Bezug zu Wirken und Werk rückt es in die Nähe des aristotelischen Begriffs der energeia, welcher auf ergon für „Werk, Wirken, Energie“ zurückgeht. D.h., die materielle Erfahrbarkeit wird durch eine immaterielle (lateinisch immaterialis ‚unstofflich’, ‚unkörperlich’, ‚geistig’) Ebene erweitert. Also alles, was wir mit unseren sechs Sinnen „wahr – nehmen“ können. Das was es ist und was es noch ist, aber individuell noch nicht erfahr – und fassbar wird.

Virtualität ist die Eigenschaft einer Sache, noch nicht in der Form zu existieren, in der sie zu existieren scheint, aber in ihrem Wesen oder ihrer Wirkung einer in dieser Form existierenden Sache zu gleichen. Das Wort führt über den französischen Begriff virtuel (fähig zu wirken, möglich) zurück auf das lateinische Wort virtus (Tugend, Tapferkeit, Tüchtigkeit, Kraft, Männlichkeit). Es spezifiziert also gedachte Eigenschaft(en), die zwar nicht physisch, aber doch in ihrer Funktionalität oder Wirkung vorhanden sind.

Somit ist „virtuell“ nicht das Gegenteil von „real“ – obwohl es fälschlicherweise oft so verwendet wird – sondern von „physisch“.

Es ergab sich im Verlauf der Diskussion, dass es zwar von der wissenschaftlichen Seite her betrachtet, eine genaue Abgrenzung der Begrifflichkeiten geben muss. Für Transmedia-Kreative tritt jedoch das genaue Gegenteil davon in den Vordergrund. Es geht dabei ja gerade um einen fließenden Übergang oder besser gesagt um die Aufhebung dieser Grenzen.

Ein gutes Beispiel dafür sind Alternate Reality Games, bei denen es schon seit ihrem Erscheinen auf unserem Planeten zum Verschwimmen der Grenzen zwischen Fiktion und Realität kommt. Die Geschichte eines ARGs wird nicht nur online erzählt sondern erwacht durch von Schauspielern gespielte Figuren im Realen erst richtig zum Leben. Artefakte und Objekte, die von Teilnehmern gefunden oder mit Figuren getauscht werden können, unterstützen diesen Realitätscharakter zudem noch. All dies führt dann erst dazu, dass die Teilnahme eines jeden zu einem besonderen und vor allen dingen individuellen Erlebnis wird.

Das Lesen eines Buches kann bereits ein Erlebnis sein. Wenn es spannend geschrieben ist, oder wir uns so in die Charaktere und ihr Handeln vertiefen können, dass wir aufgrund dieser Immersion (lat. immersio: Eintauchen, Einbetten) – Die ~ beschreibt die Überführung in einen Bewusstseinszustand (Eindruck), bei dem sich die Wahrnehmung der eigenen Person in der realen Welt vermindert und die Identifikation mit der Figur im Spiel/Buch/Film sich  in der phantastischen Welt vergrößert. Immersion den Eindruck haben, dass es genau in diesem Moment real für uns ist, so erleben wir diese Geschichte, wenn auch “nur” in unserem Kopf als real.

Alternate Reality Games und Transmedia Projekte beschränken sich dabei nicht nur auf das Erzählen einer Geschichte in einem Buch. Sie eröffnen dem Teilnehmenden die verschiedensten Möglichkeiten der Immersion durch die Verwendung der unterschiedlichsten Medien. Das lässt häufig den Gedanken aufkommen, dass man bei der Konzeption eines Transmedia Projektes dem Zwang unterworfen ist, die zu erzählende Geschichte auch in jedem Fall in allen Medien gleichmäßig verbreiten zu müssen. Wie bereits angedeutet, handelt es sich dabei um einen überhaupt nicht notwendigen Zwang. Viel wichtiger ist es, die zu Verfügung stehenden Medien so auszuwählen, dass sie den durch sie erzählten Teil der Geschichte begünstigen. Alles andere führt nur zu Störungen der Immersion und damit nicht zum gewünschten Ziel, dem positiven Erlebnis des Experiencers.

Welches Erlebnis ihr beim Lesen dieser Zusammenfassung unseres Vortragsabends mit anschließender Diskussion und deren Resultaten hattet, dürft ihr uns gern in euren Kommentaren zu diesem Artikel verraten. Wie ist Eure Meinung zur Fiktion und der Abgrenzung oder dem Verschwimmen der hier aufgeführten Begrifflichkeiten?

Fotograf: Axel Kamann, Alle Rechte vorbehalten